Zum Hauptinhalt springen Zur Suche springen Zur Hauptnavigation springen

Zusammenleben in Vielfalt

Religion, Solidarität und politische Bildung

Religion ist eine positive Kraft des gesellschaftlichen ­Zusammenhalts. Aber was ist damit gemeint? Welchen Stellenwert haben Religion und Solidarität in Zeiten multipler Krisen? Wie kann Solidarität in religiösen Kategorien gedacht werden? Wie kann die politische Bildung hierbei ihre Rolle finden?


Religion wird oft als konfliktträchtig wahrgenommen, selten aber als Ressource für Solidarität und Demokratie. Gerade in Zeiten multipler Krisen ist die Gesellschaft jedoch als Ganzes gefordert, gemeinsam Lösungen auszuhandeln, Gesprächsformate zu gestalten und Differenzen zu bearbeiten. Wenn Religion und politische Bildung sich begegnen, dann erscheint dies oft als würden zwei Welten aufeinandertreffen. Eine Beschäftigung mit Religion(en) und Demokratie als Dimension des Lebens in der postmigrantischen Gesellschaft und nicht im Sinne der Gewalt- oder Extremismusprävention ist kein Standard. Angebote politischer Bildung zu Themen wie Partizipation, Diversität oder Klima u. ä. für interreligiöse Netzwerke und religiöse Communities sind unterrepräsentiert, würden die politische Bildung jedoch diverser und inklusiver machen.

Die Schnittstellen religiöser und säkularer ­Lebenswelten können Bildungs- und Lernorte zur Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenlebens sein. Menschen in religiösen Communities wechseln oft selbstverständlich zwischen verschiedenen Sphären. Sie bewegen sich sicher in unterschiedlichen Sprachsystemen, Begrifflichkeiten und ­Lebenswelten und greifen dabei auf die jeweiligen religiösen und/oder säkularen Werte und Tradi­tionen zurück. Diese Selbstverständlichkeit eines Lebens in diversen Welten kann auch Herausforderungen, Probleme und Konflikte mit sich bringen. Aber in einer sich weiter polarisierenden Gesellschaft braucht es die Analyse dieser Erfahrungen, Verhaltensweisen und Aushandlungsprozesse, um sie auf andere Gruppen und gesellschaftliche Sphären zu übertragen.

Am Beispiel des Themas „Religion und Solidarität in Zeiten multipler Krisen“ möchte ich dies exemplarisch aufzeigen. Aus meiner eigenen Bildungs- und Forschungspraxis an dieser Schnittstelle weiß ich, dass gerade dieses Thema viele Fragen aufwirft. Eine davon lautet: Ist Solidarität nicht eigentlich per se ein politisches Konzept, das sich nicht in religiöse Kontexte übertragen lässt? Solidarität kann vieles bedeuten: ein Grundprinzip des Zusammenlebens, das auf gegenseitiger Hilfe und geteilten Werten basiert, auf geteilten Interessen oder auf Überzeugungen und Meinungen u.v.m. Der Soziologe Émile Durkheim (1912) beschreibt Solidarität etwa als Ergebnis kollektiver religiöser Praktiken, die soziale Bindungen und kollektive Identitäten fördern. Jüdisches Engagement für Geflüchtete wie beispielsweise von HIAS u. a. lässt sich z. B. so interpretieren (vgl. Berg 2022: 35 ff.). Diverse religiöse Communities engagieren sich in solchen Bereichen wie…

Weiterlesen mit JOURNAL+

Lesen Sie diesen und alle weiteren Beiträge aus dem Journal für politische Bildung im günstigen Abonnement.
Mit Ihrem Abonnement erhalten Sie die vier gedruckten Journal-Ausgaben im Jahr sowie vollen Zugriff auf alle Journal+ Beiträge des Online-Angebots.
Jetzt abonnieren
Sie haben das Journal für politische Bildung bereits abonniert?
Jetzt anmelden

Die Autorin

Tanja Berg arbeitet bei minor-Projektkontor für Bildung und Forschung als Fachbereichs­leitung für Demokratieförderung und politische Bildung. Sie leitet Projekte wie „Religion: Unterschätzte Potenziale der Konflikttransformation“ oder „Demokratie, Religion und Vielfaltsdiskurse – ein Spannungsverhältnis?!“ und engagiert sich im Vorstand „Jüdisches Zentrum Synagoge Fraenkelufer e. V.“ in Berlin.