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Religion und Säkularität in der politischen Bildung mit muslimischen Jugendlichen

Aus der Perspektive muslimischer Praxis

Säkularisierungsprozesse formen eine breite und facettenreiche Pluralität der muslimischen Gesellschaft in Deutschland und fordern oft Neupositionierungen hinsichtlich der staatlichen Neutralität und Religion. Besonders konservative Positionen können im Zusammenhang mit dem Sicherheitsdiskurs über Muslim*innen eine starke Bedeutung erlangen.


Dieser Beitrag ist als eine Perspektive auf politische Bildungsarbeit mit muslimischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Sicht demokratiefördernder Maßnahmen in muslimischer Trägerschaft zu verstehen. Bislang gibt es nur wenige bundesweit tätige Demokratieförderprojekte in muslimischer Trägerschaft, was zur Folge hat, dass die Einbindung dieser Sichtweisen in die wissenschaftliche Diskussion immer noch marginal ist. Vorangestellt sei die Kritik, dass die meisten staatlich finanzierten politischen Bildungsprojekte in muslimischer Trägerschaft im Bereich „Extremismusprävention/Islamismusprävention“ angesiedelt sind. Hande Abay Gaspar (vgl. 2024: 2) betont dazu im Rekurs auf ihre jüngsten Forschungsergebnisse die Notwendigkeit einer rassismuskritischen Perspektive innerhalb des Feldes der Islamismusprävention.

Sie betont, dass präventive Maßnahmen häufig unbeabsichtigt zur Stigmatisierung und einem Generalverdacht gegenüber Muslim*innen führen können (vgl. ebd.: 1), was wiederum die Gefahr birgt, dass muslimische Jugendliche und andere Zielgruppen in der sozialpädagogischen Arbeit unter Extremismusverdacht geraten. Zudem können durch diese auf einer undifferenzierten Ausrichtung der politischen Bildung basierende Förderlogik sowohl der eigentliche Problemgegenstand verzerrt als auch antimuslimische Wissensbestände ungewollt reproduziert werden (vgl. ebd.).


Spannungsfeld Religion und Säkularität in muslimischen Lebenswelten

Der säkulare Rechtsstaat ist zur religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet und darf keine Religion bevorzugen oder benachteiligen (vgl. Bielefeldt 2013: 15–36). Aus der Perspektive muslimischer Praxis zeigt sich jedoch, dass diese Neutralität in der Realität häufig asymmetrisch umgesetzt wird (vgl. Martiensen/Schmidt/Sarıçam 2023: 6–9). Während christlich geprägte Werte und Symbole vielfach als kulturelle Tradition interpretiert werden, werden muslimische Ausdrucksformen wie das Kopftuch oder das Einfordern von Gebetsräumen häufig als Zeichen von Abgrenzung oder unter Umständen sogar als Anzeichen für Radikalisierung interpretiert (vgl. Martiensen/Schmidt/Sarıçam 2023: 6–9). Diese Wahrnehmung kann dazu führen, dass muslimische Akteur*innen vermehrt mit engen vereinseitigten Perspektiven konfrontiert werden und Erklärungsdruck verspüren, wenn sie ihre Religion im öffentlichen Raum leben wollen (vgl. ebd.: 8).

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass die Annahme eines kontinuierlichen Bedeutungsverlusts von Religion, wie er in klassischen…

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Der Autor

Ridvan Dindar ist Politikwissenschaftler und Projektleiter bei Kelam Bremen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Bildungsarbeit mit muslimischen Jugendlichen, vor allem in Moscheegemeinden. Dabei geht es um politische Bildung, Identität und Teilhabe im religiös-kulturellen Kontext.