
Profession außerschulische Jugendbildung
Perspektiven auf aktuelle Herausforderungen aus einem Fachverband
Erfahrungen zeigen, dass sich politische Bildung immer wieder neu erfinden muss. Bedarfe von Teilnehmer*innen sind nicht statisch. Fachliche Anforderungen verändern sich ebenso wie politische Rahmenbedingungen, die Einfluss auf die Bildungspraxis nehmen. Aktuell scheinen die Herausforderungen für die Weiterentwicklung politischer Bildung jedoch nicht nur besonders groß, sondern auch besonders viele zu sein.
Es ist schon eine schwierige Situation, in der sich die Politische Bildung in Deutschland derzeit befindet. Auf der einen Seite gibt es, nicht zuletzt ausgelöst durch den 16. Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ 2020), eine gesellschaftliche Wertschätzung Politischer Bildung. Die Bildungsstätten melden, dass in der Nach-Corona-Zeit die Zahl der Teilnehmer*innen wieder deutlich gestiegen und der Bedarf nach Austausch und Information in einer Zeit der multiplen Krisen gewachsen ist. Auch ein deutlich wahrnehmbares Interesse an politischer Bildung aus angrenzenden Arbeitsbereichen wie dem Sport, der kulturellen Bildung oder der Sozialen Arbeit stellt eine erfreuliche Entwicklung dar.
Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass die Politische Bildung als Politikfeld so umkämpft ist wie nie zuvor. Ein Beispiel dafür ist das Demokratiefördergesetz, das mittlerweile seit Jahren feststeckt und aktuell auch nicht mehr davon auszugehen ist, dass es verabschiedet wird. Es wird politisch bekämpft und – medial wirksam begleitet – als gesetzliche Verankerung „linksgrüner Selbstbedienung“ diffamiert. Bei aller Kritik, die auch aus Perspektive der Träger und Akteur*innen der politischen Bildung an dem Gesetz geäußert werden kann – siehe hierzu auch die Stellungnahme des AdB (AdB 2022) – ist dennoch das Bemühen zu würdigen, dass der Bund sich mit dem Gesetz zu seiner Verantwortung für die Förderung der Demokratie und der demokratischen Zivilgesellschaft bekennt sowie die Verlässlichkeit dieser Förderung sicherstellen will.
Ein weiterer Beleg für die Konflikthaftigkeit sind die strukturellen Veränderungen, die bei den Landeszentralen für politische Bildung in NRW und in Berlin zu beobachten sind. Die in Berlin zuständige Senatorin will die Einrichtung einer „Stabsstelle Politische Bildung und Demokratieförderung“ erwirken, der die Landeszentrale unterstellt werden soll. Eigenständige Entscheidungen der Landeszentrale z. B. im Hinblick auf inhaltliche Schwerpunkte, die Herausgabe von Materialien oder die Förderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen wären danach nicht mehr möglich.
Eine solche direkte Anbindung an die Exekutive untergräbt die Glaubwürdigkeit einer politischen Bildung, da sie sich nicht mehr frei und auf Grundlage ihrer professionellen Expertise gesellschaftlichen Herausforderungen in der Bildungsarbeit stellen kann.
Wohin ein so beschrittener Weg führen kann, lässt sich an Äußerungen der AfD in Brandenburg nachvollziehen. Denn diese…
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Die Autorin
Ina Bielenberg ist Geschäftsführerin des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB) und Mitglied des Runden Tischs der Bundeszentrale für politische Bildung, des Beirats der Transferstelle politische Bildung. Zudem war sie stellv. Vorsitzende der Berichtskommission für den 16. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung. Sie ist Mitherausgeberin der Publikationsreihe „Non-formale politische Bildung“ im Wochenschau Verlag.