Zum Hauptinhalt springen

Den politischen Diskurs positiv gestalten

Joachim Detjen: Demokratische Streitkultur in Zeiten politischer Polarisierung. Baden Baden (Nomos) 2023, 248 S., 54 €

In einer Demokratie, in der Meinungsfreiheit auf der einen Seite als hohes Gut gefeiert, auf der anderen aber zunehmend von Hassrede und Spaltung bedroht wird, drängt sich die Frage auf, wie eine Gesellschaft trotz Meinungsvielfalt und Konflikten bestehen und den politischen Diskurs positiv gestalten kann. Denn der Umgang mit politischer Polarisierung entscheidet oft darüber, ob Demokratien gestärkt oder geschwächt daraus hervorgehen. Das Buch „Demokratische Streitkultur in Zeiten politischer Polarisierung“ von Joachim Detjen versucht eine Antwort auf diese Frage zu geben und analysiert die Bedeutung und der Herausforderungen einer konstruktiven Streitkultur in demokratischen Gesellschaften. Die zentrale These des Buches ist die Unverzichtbarkeit eines zivilisierten Streits für das Funktionieren einer Demokratie. Streit, so der Autor, ermöglicht die Aushandlung von Konflikten, die Weiterentwicklung von Gesellschaften und die Findung von Kompromissen. Gleichzeitig wird die Gefahr der zunehmenden Polarisierung hervorgehoben, die den demokratischen Diskurs untergräbt und zu einer Verengung des Meinungsspektrums führt.

Das Buch beleuchtet die vielfältigen Facetten des Themas. Es untersucht die historischen und philosophischen Grundlagen des Streits, die Meinungsfreiheit als Voraussetzung für einen politischen Diskurs, die Dynamiken und Gefahren der Polarisierung sowie die konkreten Merkmale eines zivilisierten Streits. Dabei werden verschiedene Konflikttypen und polarisierungsfördernde Kommunikationspraxen analysiert. So unterscheidet Detjen zwischen Interessenskonflikten, Gemeinwohlkonflikten, Wertekonflikten, Interpretationskonflikten und Identitätskonflikten. Die Art des Konflikts hat laut Detjen einen entscheidenden Einfluss auf die Dynamik des Streits. Interessenskonflikte sind beispielsweise oft durch rationale Argumente und Kompromissbereitschaft gekennzeichnet, während Wertekonflikte oft durch emotionale Aufladung und unversöhnliche Positionen geprägt sind. Identitätskonflikte neigen dazu, besonders polarisierend zu wirken, da sie die Zugehörigkeit zu einer Gruppe in den Vordergrund stellen (52ff.). Diese Konflikte würden durch bestimmte Kommunikationsstrategien verstärkt, welche zur Verschärfung politischer Gegensätze und zur Aushöhlung der demokratischen Streitkultur beitragen.

Zu den wichtigsten polarisierungsfördernden Kommunikationspraxen zählt Detjen moralische Verurteilungen, Sprachverzerrungen, Provokationen und Verschwörungsmythen. Der Autor argumentiert, dass diese Strategien zu einer Verhärtung der Fronten, einer Abnahme der Kompromissbereitschaft und einer Radikalisierung der Gesellschaft führen (95ff.). Besonders hervorzuheben ist die Praxisnähe des Buches. Es liefert nicht nur theoretische Analysen, sondern auch konkrete Handlungsanweisungen für die Gestaltung eines…

Weiterlesen mit JOURNAL+

Lesen Sie diesen und alle weiteren Beiträge aus dem Journal für politische Bildung im günstigen Abonnement.
Mit Ihrem Abonnement erhalten Sie die vier gedruckten Journal-Ausgaben im Jahr sowie vollen Zugriff auf alle Journal+ Beiträge des Online-Angebots.
Jetzt abonnieren
Sie haben das Journal für politische Bildung bereits abonniert?
Jetzt anmelden

Der Rezensent

Hauke Cordts hat Globale Politik, Politikwissenschaft und Soziologie an der Georg-August-Universität in Göttingen studiert. Er war als Pressereferent bei der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie tätig und arbeitet derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag.